Die rund 100 Zuschauer in der Sporthalle Tannenbusch feierten ihr Team mit "ASV"-Sprechchören und stehenden Ovationen, während der überragende Mann auf dem Parkett sein Gesicht mit einem ungläubigen Kopfschütteln in beiden Händen vergrub. Selbst unglaubliche 56 Punkte des überragenden Trierer Ausnahmekönners Dirk Passiwan konnten die Niederlage der Gäste im dramatischen Verlängerungskrimi nicht verhindern - zum Matchwinner wurde in einer denkwürdigen Partie der ganz starke Bonner Center Volker Frings.
"Das war der absolute Wahnsinn, Nägelkauen und Gänsehaut bei allen Beteiligten! Das war Werbung für den Rollstuhlbasketball" erklärte der ASV-Coach und bekennende Anzugträger Uwe Burchardt begeistert und sprach damit allen Anwesenden aus dem Herzen. Zuvor hatte er von der Seitenlinie aus eine Partie verfolgt, die an Spannung und sportlicher Klasse nicht zu überbieten war. Ständige Führungswechsel, spektakuläre Aktionen in den letzten Zehntelsekunden und insgesamt 209 (!) Punkte rissen die Zuschauer von den Stühlen.
"Ich spiele seit 15 Jahren Rollstuhlbasketball, aber ein Ergebnis mit über 100 Zählern auf beiden Seiten ist in diesem Sport wohl einmalig", sagte auch Center-Routinier Martin Otto (27 Punkte) fasziniert. Der 42 Jahre alte Brett-Veteran ließ die überwältigenden Ereignisse des Tages mit seinen Mannschaftskollegen bei Bier und Lammspießen im griechischen Restaurant Sirtaki auf sich wirken. Dabei hatte gut vier Stunden zuvor alles ganz harmlos begonnen: Zwischen dem sicheren Playoff-Teilnehmer ASV Bonn und den Gästen von der Mosel entwickelte sich zunächst ein Spiel auf eher niedrigem Bundesliga-Niveau.
Besonders Otto und Frings hielten die selten sattelfeste Abwehr der Trierer in Atem, während sich auf der anderen Seite die One-Man-Show Passiwans erst langsam abzeichnete. Zur Halbzeit ging der dreimalige deutsche Meister aus Bonn mit einer verdienten Führung in die Kabine, ohne dabei jedoch seiner Favoritenrolle ausreichend gerecht geworden zu sein. Im dritten Viertel dann aber drehte der RSC Trier angeführt von "Zauberhändchen" Passiwan mächtig auf und stellte den Spielverlauf mit einem 11:1-Lauf von 60:60 auf 61:71 auf den Kopf. Besonders von der Drei-Punkte-Linie fanden die Würfe des Trierer Spielmachers wie an der Schnur gezogen den Weg in die Bonner Reuse - der ASV fand gegen die Treffsicherheit Passiwans zu keiner Zeit ein geeignetes Mittel und musste über den Kampf zurück ins Spiel finden.
Immer wieder rückte der ASV mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung an die Gäste heran - nur um wenige Sekunden später die Ernüchterung durch einen weiteren Passiwan-Dreier zu kassieren. Erst in den Schlusssekunden wendete sich das Blatt, mit 85:85 ging es in die erste Verlängerung. Dort schien der ASV den Sack mit einer schnellen 5-Punkte-Führung zuzumachen, doch nur wenige Sekunden später schien die Partie wiederum verloren zu sein. Mit der Schlusssirene versenkte Otto einen "Verzweiflungs-Dreier" mit zwei Gegenspielern im Gesicht zum umjubelten 94:94 und sorgte für weitere fünf Minuten dramatischer "Nachspielzeit".
Dort brachte ASV-Topscorer Volker Frings (30 Punkte) den Sieg endgültig nach Hause. Und konnte anschließend sein Glück kaum fassen: "Das war fast etwas zu viel für mich. Endlich habe ich mal Konstanz drin gehabt", sagte der Matchwinner überglücklich und ließ sich anschließend völlig zurecht für eine grandiose Leistung feiern.
ASV-Korbjäger: Frings (30), Otto (27), Bienek (19), Fischer (15), Becker (11), Lohmann (2), Cajo (2), Hilger, Müller (n.e.), von Reth (n.e.), Wimmers (n.e.), Norgall (n.e.)
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